Fingerprinting gegen Lebensmittelbetrug

Fingerprinting gegen Lebensmittelbetrug

Warum Ihr Olivenöl vielleicht nicht das ist, was es zu sein scheint

Niemand will getäuscht oder belogen werden – vor allem nicht, wenn es um so heikle Themen wie Gesundheit und Ernährung geht.

Lebensmittelbetrug ist ein Verbrechen. Es ist eine Straftat, wenn man verwendete Zutaten nicht genau angibt oder ein Lebensmittel verkauft, das nicht das enthält, was auf dem Etikett steht. Die Kunden werden nicht nur betrogen und um ihr Geld gebracht, wenn sie minderwertige Produkte kaufen – im schlimmsten Fall können sie auch gesundheitliche Risiken eingehen. Was Lebensmittelbetrug so lukrativ macht, wie er von der Wissenschaft aufgedeckt werden kann und was Du selbst dagegen tun kannst, erfährst Du hier!

Was ist Lebensmittelbetrug und warum ist er so verbreitet?

Die vorsätzliche Irreführung von Kunden beim Verkauf von  Lebensmitteln ist Lebensmittelbetrug. Den Ursprung eines  Produkts absichtlich zu verheimlichen ist Lebensmittelbetrug. Die Vermischung von minderwertigen mit hochwertigen Produkten bei gleichzeitiger Forderung des Originalpreises ist Lebensmittelbetrug. Wenn nicht alle oder die falschen Zutaten auf dem Etikett angegeben werden ist das Lebensmittelbetrug.

 

Der Handel mit minderwertigen Produkten ist lukrativ – billig einkaufen, teuer verkaufen – deshalb sind hochwertige Produkte wie Olivenöl oder Bio-Lebensmittel eines der Hauptziele des Lebensmittelbetrugs. Die immense Preisspanne zwischen „nativem Olivenöl extra“ und Ölen minderer Qualität ist für die Betrüger attraktiv.

Ein weiterer Faktor, der die Preise in die Höhe treibt, ist die Herkunft, z. B. wenn das Produkt einen geschützten Namen trägt. Engpässe aufgrund von Missernten (wie wir sie in der Vergangenheit im Mittelmeerraum erlebt haben) heizen den Betrug weiter an.

Besonders gefährdet für Lebensmittelbetrug sind Honig und  Ahornsirup, Öle, Milch, Kaffee, Tee, Kräuter und Wein. Um  einige Zahlen zu nennen: Bei einer kürzlich in Deutschland  durchgeführten Untersuchung wurden 23 % der untersuchten  Olivenöle durch ein billigeres Pflanzenöl ersetzt.

 

Außerdem ist es unwahrscheinlich, dass Betrüger erwischt werden, da Echtheitskontrollen oft schwierig durchzuführen sind und noch nicht in allen Laboren für Lebensmittelsicherheit routinemäßig durchgeführt werden.

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Wie kann Authentizität kontrolliert werden und warum tun wir es nicht einfach?

Wie bei den meisten anderen Dingen ist die Antwort – so einfach ist es nicht.

 

Man könnte sagen, dass sich die Analyitk bei der Lebensmittelsicherheit in zwei Bereiche aufteilt: Suche nach Substanzen, die wir kennen, und nach solchen, die wir nicht kennen.

 

Was wir kennen, sind beispielsweise Pflanzenschutzmittel (Pestizide), die von der Regierung zugelassen sind und die von den meisten Landwirten verwendet werden. Die Aufgabe besteht darin, auf diese Pestizide zu testen und zu prüfen, ob die Rückstände keine Grenzwerte überschreiten, so dass sie für den menschlichen Verzehr sicher sind. Dieser Teil ist recht einfach, wenn man weiß, wonach man sucht. Aber was ist, wenn man das nicht weiß?

 

Die Echtheitsprüfung ist ein anderer Ansatz. Ein Beispiel: Wenn Du wissen willst, ob ein Olivenöl tatsächlich von Ort A (verarbeitet aus hochwertigen Oliven, wie auf dem Etikett angegeben) und nicht von Ort B (Oliven minderer Qualität) stammt, musst Du Merkmale zur Unterscheidung definieren. Einige dieser Merkmale können sich überschneiden – beide Oliven haben eine grüne Farbe – aber wenn Du Glück hast, kannst Du dieses eine einzigartige Merkmal definieren, das nur bei Oliven aus Ort A zu finden ist.

Jackpot. Du hast einen Fingerabdruck identifiziert.

 

Mit dem Fingerabdruckverfahren kann nicht nur die geografische Herkunft von Produkten festgestellt, sondern auch zwischen Arten, Sorten und Herstellungsverfahren unterschieden werden. Dieses eine Merkmal zu finden, ist der Schlüssel und kann Hunderte, wenn nicht Tausende von Messungen verschiedener Olivenproben erfordern. Hat man jedoch diesen individuellen Fingerabdruck für jede einzelne Olive gefunden, ist es möglich, sie zurückzuverfolgen – vom Olivenöl zum Einzelhändler, zum Hersteller und zum Erzeuger – und Lebensmittelbetrug ein wenig schwieriger zu machen.

 

Leider ist die Probenanalyse mit dem Fingerabdruckverfahren derzeit nicht standardisiert, die Datenbanken sind nicht umfangreich genug und die Datenauswertung ist kompliziert.

 

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Eine analytische Software, die genau das macht, sieht dann in etwa so aus. Merkmale von Olive A (in lila) und Merkmale von Olive B (in orange) sind damit deutlich voneinander zu unterscheiden.

Was wird zum Schutz vor Lebensmittelbetrug unternommen?

Operation Opson wird von Interpol und Europol koordiniert und dient der Aufdeckung von Lebensmittelbetrug durch die Zusammenarbeit von Polizei, nationalen Lebensmittelüberwachungsbehörden und Partnern aus dem Privatsektor in 77 Ländern. Bei den Kontrollen im letzten Jahr wurden mehr als 12000 Tonnen illegaler und potenziell schädlicher Gegenstände entdeckt.

Einige Beispiele zeigen, wie weit der Lebensmittelbetrug gehen kann. In Jordanien beschlagnahmten die Behörden 6 500 Liter abgelaufene Getränke (Energydrinks und Limonade) und über 7 Tonnen verdorbene Milch. In einem nicht registrierten Lagerhaus in Bulgarien fanden sie Käse, der auf die Verarbeitung und den Verkauf wartete und positiv auf E. coli getestet wurde. In diesem Jahr lag der Schwerpunkt der Ermittlungen auf Olivenöl – nativem Olivenöl extra – das mit Ölen minderer Qualität verschnitten wurde.

Unsere jährliche Operation Opson zeigt […], dass es von entscheidender Bedeutung ist, sowohl Verbraucher als auch Unternehmen vor dem Schaden zu schützen, den Kriminelle auf unsere Teller zu bringen versuchen.

— Catherine De Bolle Europol’s Executive Director

FoodAuthent ist ein vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördertes Forschungsprojekt, an dem staatliche Einrichtungen, Universitäten und private Labors beteiligt sind. Ihr Ziel ist es, Fingerabdruckdatenbanken zu erstellen und die Fingerabdruckanalyse zur Routine im Bereich der Lebensmittelsicherheit zu machen.

 

Forschung und Kommunikation sind der Schlüssel zur Bekämpfung von Lebensmittelbetrug. Der Austausch von Wissen und Daten zwischen Labors – der Aufbau eines Netzwerks und die Erfassung aller Messungen in großen Datenmengen – wird dazu beitragen, einen eindeutigen Fingerabdruck von Lebensmitteln zu erstellen und den Lebensmittelbetrug erheblich zu erschweren.

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FoodAuthent Project Flyer

Was Du tun kannst

Die schlechte Nachricht ist, dass Du als Verbraucher (in den meisten Fällen) keine Möglichkeit hast, Lebensmittelbetrug zu erkennen – es sei denn, Du kennst den Erzeuger, baust selbst Lebensmittel an oder bist ein Olivenöl-Sommelier. Die gute Nachricht ist jedoch, dass der Lebensmittelbetrug in den meisten Fällen zumindest keine direkten Auswirkungen auf Deine Gesundheit hat.

 

 

Natürlich gab es gefährliche Betrugsfälle mit Pferdefleisch, Fleisch von „nicht deklarierten Arten“, Kontamination mit Salmonellen oder E. coli und Melamin in Babynahrung – doch höchstwahrscheinlich wirst Du auf lediglich Herkunftsbetrug stoßen (nicht in der Region angebaut, die angegeben), auf Bio-Lebensmittel, die nicht biologisch sind, auf Eier aus Stallhaltung statt aus Freilandhaltung oder auf Sonnenblumenöl, das in Dein hochwertiges Olivenöl hineingemischt wurde.

 

Ich möchte Dir keine Angst machen und auch nicht beschwichtigen, sondern Dir bewusst machen, dass Lebensmittelbetrug real ist und dass es jeden Tag geschieht. Sei aufmerksam und schau genau hin, was du kaufst. Kaufe immer mal wieder verschiedne Produkte oder Marken. Belies dich zu den Produkten, die Du oft konsumierst im Internet – um Dir einfach mal den Hersteller oder Erzeuger genauer anzusehen. Je mehr regionale Produkte Du kaufst, je mehr unverarbeitete Lebensmittel Du isst, je mehr Du selbst kochst, umso besser.

 

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