Das Gelbe Vom Ei

Viele Menschen bevorzugen ein sattes sonniges Gelb, wenn sie ihr Ei am Frühstückstisch köpfen und sind davon überzeugt, dass sie einen qualitativ hochwertigen Fang gemacht haben. Warum dies nicht so ist und ob’s nicht doch das Bio-Ei sein, liest Du hier.

Jeder kennt vermutlich den Moment am sonntäglichen Frühstückstisch, wenn das noch warme dampfende Ei mit einem gezielten Schlag geköpft wird und sich das gelb leuchtende Innere offenbart. Wir sind regelrecht enttäuscht, wenn das Eigelb ganz blass daherkommt und vom Eiweiß kaum zu unterscheiden ist. Wir befürchten minderwertige Qualität der Eier, noch schlimmer, wenn es dann die teuren Bio-Eier sind! Doch die Befürchtung ist unbegründet, denn ein tiefgelber Eidotter ist in der Lebensmittelindustrie schon lange kein Zeichen für Qualität mehr – sondern einfach eines für gezielte Zusätze im Tierfutter.

Was macht die Farbe aus?

Zunächst müssen wir dazu klären, woher das Gelb im Eidotter überhaupt kommt. Die Farbe liefern sogenannte Carotinoide – wenn Du an Karotten denken musst, ist das ganz richtig, denn auch dort kommen sie vor und liefern die orange Farbe! Interessanterweise kommen Carotinoide auch in grünblättrigem Gemüse, wie Spinat oder Grünkohl, vor, werden aber hier oft vom kräftigeren grünen Chlorophyll überdeckt.

Einige der Carotinoide – inzwischen kennen wir über 700 verschiedene Varianten1 – sind in der EU als Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen und dienen dazu, bestimmte Farbvariationen im Produkt zu erreichen. Auf der Zutatenliste Deiner Produkte findest Du sie als Zusatzstoffe E160a-d. Bei den Zusatzstoffen E160e-f handelt es sich um chemisch veränderte Varianten der Carotinoide2.

Wie kommen Carotinoide ins Ei?

Carotinoide gelangen über die Nahrung der Henne in das Eigelb. Durch picken von Gras oder anderem Geflügelfutter, werden Carotinoide aufgenommen und bei der Bildung des Eis in den Dotter eingespeichert. Carotinoide sind fettlöslich und werden daher im fetthaltigeren Eigelb abgelagert – wie auch viele andere Substanzen, beispielsweise fettlösliche Vitamine. Der Eidotter dient ja eigentlich als Nahrungsgrundlage für eventuelle Küken und sollte daher besonders nährstoffreich sein. Wasserlösliche Vitamine, sowie Mineralstoffe (Calcium, Kalium, Natrium, Eisen u.a.) befinden sich dagegen im Eiklar.

Carotinoide kommen natürlicherweise in vielen Rohstoffen vor, so auch im Mais, welcher häufig als Geflügelfutter zum Einsatz kommt. Blassere Eidotter werden beispielsweise durch Fütterung mit Weizen oder Gerste erzielt3. Allerdings ist der Carotinoidgehalt mitunter sehr schwankend (wenn das Futter aus einem Naturprodukt gewonnen wurde), was zu uneinheitlicher Qualität führt. Daher setzen die meisten Mastbetriebe auf industriell hergestelltes Futter mit definiertem Carotinoidgehalt.

Besonders interessant wird es bei der Beimischung von Futtermittelzusatzstoffen. Diese Farbstoffe dürfen dem Geflügelfutter zugesetzt werden und beeinflussen die Färbung des Dotters4. In folgender Publikation sieht man, wie sich die Zufütterung mit Farbstoffen auswirkt5.

Ein Henne legt täglich ein Ei, allerdings reift ein Eidotter über 15-21 Tage. Im Eierstock der Henne reifen gleichzeitig mehrere Dotterkugeln heran. Während der Dotter wächst, werden immer neue Schichten – quasi wie bei Baumringen – aufgelagert. So kann man wunderbar sehen, wie sich die Futterzusammensetzung Tag für Tag auf den Dotter auswirkt. Im oben abgebildeten Beispiel wurde einer Henne täglich eine Dosis Farbzusatzstoff mit dem Futter verabreicht. Es ist bereits ab Tag zwei eine Veränderung der Gelbfärbung (hier leider Schwarz-Weiß, ist aus den 90ern) zu sehen, die sich vom äußeren Rand nach innen hin bildet. Die neuen „Schichten“ des Eidotters sind nun deutlich gelber als die vorherigen – dank des Futterzusatzes. Dieser Prozess kann auch natürlich ablaufen, indem carotinoidhaltigeres Futter gegeben wird – in der Realität (und vor allem in großen Mastbetrieben) wird dies durch den Zusatz von Farbstoffen gewährleistet.

Warum ist das Bio-Ei blasser?

Im Biolandbau ist der Zusatz von synthetischen Farbstoffen zum Futter nicht zugelassen (laut Verordnung (EG) 889/20086 Anhang VI). Die Landwirte eines Bio-Mastbetriebs müssen sich daher auf die Carotinoide im Futter verlassen und färben nicht mit Farbstoffen nach. Unter Umständen sind daher Eier aus einem Bio-zertifizierten Betrieb weniger gelb als konventionelle Eier.

Unter Umständen gilt dies auch für Eier „vom Hof“, sprich von regionalen Landwirten mit kleinen Betrieben oder auch von privaten Hühnerhaltern. Es kommt auf das Futter an. Mitunter haben die Hennen so viel Zugang zu frischem Gras und anderem guten Futter, dass auch hier die Eidotter wieder intensiv gelb sind – allerdings ist es ohne künstliche Farbstoffe schwer, den orangen Farbton zu treffen, den wir gewohnt sind.

Ist ein Bio-Ei qualitativ hochwertiger?

Zu dieser Frage hat sich bereits ein Geflügelwissenschaftler der Universität Hohenheim apl. Prof. Dr. Grashorn geäußert. Er untersuchte dies bereits 20167 und kam zu dem Schluss – teilweise. Das Bio-Ei hat zum Teil besseres Aroma und ist etwas gesünder, hat aber weniger Eidotter und ist unter Umständen keimbelasteter.

Da die Hennen im Bio-Betrieb mitunter mehr im Grünen unterwegs sind, haben sie mehr Auslauf, sind gesünder und eine abwechslungsreichere Ernährung. Da sie auch mal einen Grashalm oder ein Kraut mit ätherischen Ölen finden, ist das Bio-Ei aromatischer. Der Freigang der Hennen führt aber unter Umständen zu einer insgesamt schlechteren Nährstoffversorgung als mit durchgeplantem und perfekt zusammengesetztem Industriefutter im konventionellen Betrieb. Daher sind die Bio-Eidotter weniger gelb und auch kleiner als bei konventionellen Eiern. Durch geringeren Einsatz von Antibiotika, kommt es auch häufiger zu Infektionen bei Bio-Hennen, was zu etwas höherer Keimbelastung führt. Die Schalenfarbe ist hiervon auch betroffen – sie ist bei Bio-Eiern deutlich variabler.

Insgesamt ist also die Annahme, dass eine intensive Gelbfärbung des Dotters von einem qualitativ hochwertigen Ei spricht, nicht korrekt, da in den meisten Fällen mithilfe von synthetischen Farbstoffen nachgeholfen wird. So kann auch das Ei aus dem riesigen Mastbetrieb uns ein gesundes und glückliches Huhn vom Hof weismachen.

Referenzen

  1. https://www.dge.de/wissenschaft/fachinformationen/sekundaere-pflanzenstoffe-und-die-gesundheit/#c4299 ↩︎
  2. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02008R1333-20180812&qid=1535709512419&from=DE ↩︎
  3. https://www.lohmann-information.com/content/l_i_1_99_artikel2.pdf ↩︎
  4. https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/02_Futtermittel/02_Zusatzstoffe_1831/futtermittel_zusatzstoffe_farbstoffe_Faerbung_lm_tier_ursprungs.pdf?__blob=publicationFile&v=7 ↩︎
  5. https://www.lohmann-information.com/content/l_i_1_99_artikel2.pdf ↩︎
  6. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32008R0889 ↩︎
  7. https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/B9780081003718000142?via%3Dihub ↩︎

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